Nennen wir es „Beschlagnahmen“

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Nennen wir es „Beschlagnahmen“

11. Dezember 2025 Allgemein 0

Beschlagnahmen 2.0 – Trump erklärt Öltanker zur neuen Besitzurkunde

Washington/Caracas (dpo) – Die Trump-Administration hat einen riesigen Öltanker vor der Küste Venezuelas unter ihre Kontrolle gebracht – und prompt sprach der Präsident von einem „großen Erfolg für Freiheit und Sicherheit“. Was aber genau passiert ist, klingt mindestens so kurios wie die Wortwahl dazu.

Am 10. Dezember 2025 gaben die USA bekannt, dass sie den Öltanker Skipper, ein sehr großes Frachtschiff, das zuvor unter Sanktionen stand, „beschlagnahmt“ haben. Der ins Visier geratene Tanker war zuvor wegen Transport von sanktioniertem Rohöl aus Venezuela und dem Iran gelistet. Bei der Aktion stiegen Angehörige der US-Coast Guard und Spezialeinheiten aus Hubschraubern auf das Schiff, um es zu sichern. Die Besatzung leistete offenbar keinen Widerstand und es kam zu keinen bekannten Verletzten. Wikipedia

US-Justizministerin Pam Bondi erklärte, das Schiff sei seit Jahren im Zusammenhang mit einem Netzwerk gesehen worden, das gegen US-Sanktionen verstoßen habe. Außenpolitisch reagierte Venezuela entrüstet und bezeichnete den Vorgang als „offensichtlichen Diebstahl und Akt internationaler Piraterie“. Der Guardian


Trump’s ganz eigene Beschlagnahmen-Logik

Und wie reagierte der Mann, der das Wort „beschlagnahmt“ inzwischen wie ein neues Staatswappen benutzt? Selbstsicher wie immer, erklärte er bei der Vorstellung der Aktion:

„Das war ein sehr großes Schiff… ich meine wirklich riesig… und wir haben es jetzt.
Und das Öl? Nun, wir behalten es, denke ich.
AP News

Bei vielen Beobachtern blieb nach dieser Wortwahl vor allem eines zurück: ein Staunen darüber, wie souverän der Präsident den Besitz eines Supertankers und seiner Ladung quasi zum politischen Accessoire erklärt – nicht anders, als würde man sich eine vergessene Bowlingkugel schnappen, die jemand am Freitagabend im Regal stehen gelassen hat.


Was sagen die anderen dazu?

  • Venezuela: „Das ist nicht Beschlagnahme – das ist Piraterie.“ Der Guardian
  • Ölmarkt: reagierte mit steigenden Preisen, weil sich die Unsicherheit erhöhte. Reuters
  • US-Gegner einer militärischen Eskalation: warnen vor einem gefährlichen Präzedenzfall. AP News
  • Neutraler Beobachter: fragte sich, „ob diese Art von Eingriff außerhalb jeder normalen Seerechtspraxis liegt“. AP News
  • Noch viel neutralerer Beobachter: Ich warte auf die kommende Zusammenfassung bei XY Ungelöst.

Fox News übernahm den Begriff “beschlagnahmt” bereits, bevor Donnie überhaupt seine Cola Zero abstellte (Auch diese Piraterie wird präsentiert von Coca Cola). Minuten später zitierten auch CBS News und sogar CNN das Wort, als wäre es seit Jahrhunderten eingebürgert. Frühmorgens sprach auch die Tagesschau davon, gefolgt vom ZDF (Und hier kurz „Ey Tagesschau! Es ist nicht beschlagnahmt, wenn es vor der Küste Venezuelas passiert“). Und Donnie selbst saß kurz darauf in seinem Sessel, zwinkerte schläfrig und dachte:
“Wow… hab ich das geträumt?”

Leider nein. Es war wach, offiziell und so real, dass für Donnie plötzlich ein neues Universum an Möglichkeiten aufging. Ein Universum, in dem er einfach alles, was er wollte, mit dem Zauberwort belegen konnte. Das Publikum klatschte. Die Nachrichtensender übernahmen. Und Donnie flüsterte das Wort inzwischen, als könne er damit die Schwerkraft umprogrammieren.

Was schon so gut klappt, ließe sich doch ausweiten, oder?

Hier die frisch angelegte “Beschlagnahmen”-Liste aus Donnies Kopf:


1. Grönland – Beschlagnahmt!

Er wollte es erst kaufen, dann wollten die Grönländer plötzlich nicht. Auch blöd. Aber wenn man Grönland einfach “beschlagnahmt”, hat man die Diskussion gespart. Ist doch logisch.

2. Der Ukraine-Krieg – Beschlagnahmt!

Keine Debatten, keine Verhandlungen. Der Konflikt ist laut Donnie jetzt schlicht “beschlagnahmt”. Wie, wohin, warum? Details sind was für Leute, die keine Vision haben.

3. Der Öltanker vor der Küste Venezuelas – Beschlagnahmt!

Den hat Donnie zwar nur geträumt. Aber Träume sind ja praktisch halbe Realität. Also ab in die Liste.

4. ChatGPT – Beschlagnahmt!

Er trägt die ersten Server unter den Armen, das behaupten jedenfalls Leute, die ihm alles zutrauen. Die Chatbots analysieren plötzlich seinen Unterarmgeruch, angeblich sogar freiwillig. “Beschlagnahmt!”

5. Die Epstein-Files – Beschlagnahmt!

Von wegen Veröffentlichung. Donnie findet sie dekorativ im Wohnzimmer. Doch irgendwie hat der Kongress entschieden… „Nein! Beschlagnahmt!”

6. Jens Spahn – Beschlagnahmt!

Donnie schätzt Leute, die große Mengen einkaufen können. Egal zu welchem Preis. “Beschlagnahmt.”

7. Die Handtasche von Evelyn G. aus Oldenburg – Beschlagnahmt!

Arme Evelyn. Einmal kurz nicht hingeschaut. Zack. Eigentumsverhältnis geklärt.

8. Der Mond – Beschlagnahmt!

Da steht seit 1969 eine US-Flagge, also gehört er quasi traditionell irgendwem in den USA. Und bevor Markus Söder dort sein Ferienhaus plant: “Beschlagnahmt!”

9. Mein Fahrrad

Ich hatte es hier noch stehen. Jetzt nicht mehr. Falls jemand was gesehen hat, bitte melden.

10. Alles – Beschlagnahmt!

Wenn Grenzen nicht mehr existieren, warum bei Nummer zehn aufhören?


Addendum aus Donnies Schreibtischschublade

Weil Listen sich gern verlängern wie wuchernde Kabel hinter einem Fernseher, hat Donnie bereits weitere Post-its bereitgelegt:

11. Alle Parkplätze der Welt – Beschlagnahmt!

Wer zuerst hupt, besitzt. Und Donnie hupt immer zuerst.

12. Das Wort “Nein” – Beschlagnahmt!

Die Welt nutzt es zu oft. Jetzt gehört’s ihm. Aus pädagogischen Gründen wird es kaum noch verwendet.

13. Die Fernbedienungen aller Marriott-Hotels – Beschlagnahmt!

Man weiß nie, wofür die gut sind. Vielleicht steuern sie heimlich Wettersatelliten. Sicherheitshalber mitnehmen.

14. Wind – Beschlagnahmt!

Donnie hat beschlossen, dass Wind ihm seit Jahren die Frisur ruiniert. Problem gelöst: Besitz regelt.

15. Das Konzept von Eigentum – Beschlagnahmt!

Die höchste Form der Effizienz. Warum alles einzeln beschlagnahmen, wenn man den Überbau gleich mitbeschlagnahmen kann?


Fazit:
Wenn man das Wort “beschlagnahmen” laut genug ruft und genug Menschen es wiederholen, entsteht eine Art Parallelwirklichkeit, in der Grenzen sich wie nasse Pappe anfühlen. Donnie hat diese Wirklichkeit für sich entdeckt. Und während die Nachrichtensprecher überall das Mikro sortieren, klappert er schon weiter durch die Welt und murmelt sein Lieblingswort wie eine Zauberformel.

Wer weiß, was morgen “beschlagnahmt” wird.
Vielleicht dieser Satz.
Vielleicht deine Couch.

Oder vielleicht auch einfach nichts.
Aber sicherheitshalber… besser drauf aufpassen.