Chrupalla will nun einen beschränkten Verfassungsschutz
Der Verfassungsschutz hat vor kurzem den „Flügel“ der AfD zum „Verdachtsfall“ erklärt. Eine Zeit lang blieb die AfD dazu stumm. Jetzt reagiert Tino Chrupalla (AfD) damit, dass man den „Verfassungsschutz gerichtlich in die Schranken verweisen“ solle.
Was bedeutet das?
Der Verfassungsschutz ist dafür da, die Bestrebungen von Organisationen, Gruppierungen oder auch Einzelpersonen auf ihre Konformität mit der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland zu prüfen und bei verfassungsgefährdenen Situationen oder Maßnahmen einzugreifen und diese zu unterbinden oder zu beschränken.
WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung liegen zwei Klageentwürfe der AfD für das Verwaltungsgericht Köln vor, nach welcher das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD nicht mehr als „Verdachtsfall“ bezeichnen darf. Betroffen sind der rechtsnationale „Flügel“ der Partei und die Jugendorganisation „Junge Alternative“ (JA).
Gerade für die Jugendorganisationen konnten weitereichende Erkenntnisse über extremischtische Bestrebungen bestätigt werden. Einen grundlegenden Respekt für das menschliche Leben gäbe es in der Jugendorganisation nicht. Die Jugendorganisation entscheide nach Herkunft der Menschen oder deren Familie, wie wichtig sie das menschliche Leben einstufen. Das widerspricht klar der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland.
Auch der „Flügel“ um den thüringischen AfD Vorsitzenden Björn Höcke ginge in dieser Richtung. Dort findet diese Richtung gar im beschlossenen Rentenkonzept der AfD Belege. Diese sehen Extrazahlungen für die Bevölkerung vor, wenn es sich, bei den Empfängern, um deutsche Staatsbürger handelt (Die AfD nennt das Staatsbürgeraufschlag für Deutsche). Auch jedes Kind mit deutscher Staatsbürgerschaft und Lebensmittelpunkt in Deutschland solle demnach Extrazahlungen erhalten. Die Verfassung der BRD sieht ein Gleichheitsprinzip und den Grundsatz der Menschenwürde für alle Menschen auf deutschem Boden vor. Der Verfassung entspricht dieser Plan demnach nicht. Die Mitglieder des „Flügels“ beschreiben sich sogar selbst als „Sozialnationalisten“. Trotz des dieses Begriffes will die AfD keine Schnittpunkte mit den Nationalsozialisten, innerhalb der Partei oder Flügels, über sich „wissen“.
Die AfD schickte Abmahnungen
Bereits im Dezember gingen, von Seiten der AfD, Abmahnungen an das Bundesamt für Verfassungsschutz heraus. Der Begriff „Verdachtsfall“ solle umgehend getrichen und zurückgenommen werden.
Neue Schnittpunkte zwischen Maaßen und der AfD
Der ehemalige Präsident des Verfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen war in Köln für die Rechtsanwaltskanzlei Höcker tätig. Diese schrieben, im Namen der AfD, bereits mindestens einen Klageentwurf gegen den Verfassungsschutz. Auch hier ist für den jetzigen Verfassungsschutz klar, dass Maaßen als einer Art „Auffangkissen“, gegen offizielle Untersuchungen gegen die AfD, vor seinem Rücktritt, fungierte.
Hat die AfD Chancen?
Kaum. Aber das ist auch nicht Sinn der Klage. Die AfD will, vor allem, ihren Befürwortern zeigen, was mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz geschieht, sollte die AfD als Bundestagspartei über 50 Prozent kommen.
Mehr noch zeigt die AfD, wie sie mit der Verfassung der Bundesrepublik, besonders zum Thema Gleichheit und Menschenwürde, verfahren würde.
Derzeit ist die Verfassung so aufgebaut, dass exekutive, judikative und legislative Entscheidungen die Grundsätze der Verfassung für alle gleich einhalten müssen. Die AfD würde sie so aushöhlen, dass sie nur noch für deutsche Staatsbürger garantiert werden muss (Dies ist, unter anderem, im Rentenkonzept sichtbar).
Das Bundesamt für Verfassungsschutz sieht weiter Belege dafür, dass der Grundsatz der Menschenwürde, ausgehöhlt würde (völkisch-nationalistische und muslim- sowie fremden- und minderheitenfeindliche Aussagen werden dabei aufgeführt).
Die AfD erkennt ihre Aussagen zwar wieder, sieht aber heute schon in der „Ablehnung einer multikulturellen Gesellschaft“ keinen Konflikt mit der Verfassung. Die AfD beschreibt weiter ganze Hetztiraden gegen Einwanderer als „Teil des demokratischen Diskurses“.
Auf Kriegsfuß mit der Religionsfreiheit
Besonders die Religionsfreiheit wird von der AfD grundlegend als „Deckmantel“ tituliert. Die AfD schürt das Ressentiment, dass es sich bei einer Heirat, auch eines Deutschen, mit einem Muslimen oder einer Muslimin, beim ersten Anschein, um eine „Kinderehe“ handeln muss, die gesetzlich verfolgt werden müsse. Auch der Übertritt Deutscher zum Islam sei der „sexuellen Ausnutzung“ geschuldet. Islam Experten widersprachen dem Vorurteil, dass der Islam Kinderehen überhaupt dulde.
Trotz allem wäre absehbar, dass die AfD diesen Artikel komplett aus dem Grundgesetz streichen lassen würde. Auch ist absehbar, da die AfD ganze Abschnitte etwaiger Reden direkt gegen den Islam richte, dass diese Weltreligion (welche die AfD zur Zeit nicht als Religion ansehen will) in Deutschland beschränken würde, gegebenenfalls verbieten würde.
Wir Journalisten sind schuld
Der AfD nach haben „die Medien“ das Bundesamt für Verfassungsschutz illegitim aufgehetzt. Was haben wir getan? Wir haben alles genommen, was die AfD, nach einen Angaben, als „unproblematisch“ bezeichnet und dies untersucht. Reden, Parteiprogramme, Tweets usw. Wir haben angeblich Aussagen verkürzt dargestellt.
Liebe AfD, wenn Björn Höcke das Holocaust Mahnmal als „Denkmal der Schande“ bezeichnet, schauen wir nach, ob da noch ein Widerspruch oder eine Erklärung zu finden ist. Ob er jemanden zitierte oder ob er, überspitzt, etwas komplett anderes aussagen will. War alles nicht gegeben. Er sagte gar, und das wir immer wieder angemerkt: „Mit der Bombardierung Dresdens wollte man nichts anderes, als uns unsere kollektive Identität rauben“ (Was eindeutig für Fürsprech für die Verbrechen der Nazis ist, die die Bombardierungen erst notwendig machten). Danach kam noch: „Bis jetzt ist unsere Geistesverfassung, unser Gemütszustand, immer noch der eines total besiegten Volkes.“
Auch Chrupallas Rede bei Berlin Direkt Anfang Dezember 2019 wurden ungeschnitten gesendet. Kleine Erinnerung. Er wollte sich gar über die Verwendung von Nazi Sprache noch rauslügen, obwohl er wissen musste, dass das ZDF längst Bildmaterial zum Thema da hatte. Das ZDF hatte Berlin Direkt da gar live ausgestrahlt.
Es gibt noch weitere Zitate oder Tweets, welche die AfD sehr eindeutig so hingestellt hatte, aber später entgegnete, man hätte die Tweets „aus dem Zusammenhang gerissen“.
Das BfV sollte sich selbst als „Verdachtsfall“ bezeichnen
Hat die AfD behauptet, weil das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD öffentlich als „Prüffall“ bezeichnete. Verfassungswidrig ist es jedoch nicht. Es gibt nur, nach der Verfassung, keine Verpflichtung, die Einstufungen öffentlich zu machen (Es gibt dahingehend gar keine Regelung). Die AfD hatte auf „Verleumdung“ plädiert. Deswegen ist die Äußerung auch populistischer Natur.
Sie entlarvt jedoch noch ein Detail, was geschehen würde, wenn die AfD eines Tages regieren würde. Über die Tatsache, dass eine Regierungsmitglieder vom Verfassungsschutz überprüft würden, erfährt die Öffentlichkeit dann nichts mehr. Die AfD, die bis heute den Begriff „Lügenpresse“, gerade gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, prägt, würde selbst hässliche Informationen über Parteimitglieder als „Vertraulich“ oder „Geheim“ einstufen. Und mehr noch Bestrafungen für Journalisten in die Wege leiten.
Der Verfassungsschutz wird erstmal nichts ändern
Der Verfassungsschutz wird seine Ermittlungen zum Thema „Verdachtsfall“ fortführen und seine Befugnisse nutzen, um an Interna über die AfD heranzukommen und mit der Verfassungskonformität vergleichen. Im Verhalten der AfD sieht der Verfassungsschutz eine „taktische Maßnahme“.