Wie China Täter und Opfer umkehrt
Demonstranten als Terroristen
Als 2011 in Syrien Menschen gegen Gesetzesverschärfungen demonstrierten, haben die dortigen Staatsmedien die Demonstranten schon als Terroristen tituliert, woraufhin kurze Zeit später an mehreren Wochen hintereinander das Regime auf die Demonstranten hat die schießen lassen. Das führte zu einem landesweiten Bürgerkrieg, der heute noch nicht komplett beendet ist in welchem knapp 2 Millionen Menschen gestorben sind.
China ist sich diesen Geschehnissen anscheinend kaum bis gar nicht bewusst. Denn China kopiert alle Fehler Syriens derzeit in Hongkong. Die chinesischen Staatsmedien titulieren tausende Hongkonger Demonstranten bewusst als Terroristen, während die Armee mit scharfen Waffen im Hintergrund lauert.
Nach außen ahnungslos
China vergisst dabei ihren Botschaftern eine überzeugendere Story mitzugeben, als der des chinesischen Staatsfernsehens. So wurde der chinesische Botschafter in Berlin Ken Wu am Donnerstag ins Morgenmagazin eingeladen und bemerkte sofort, dass er, anders als offizielle im chinesischen Staatsfernsehen, mit Platitüden nicht weiterkam.
Wu sprach mit Dunya Hayali dabei über „Veränderungen“. Dabei muss man wissen, dass China eine Tradition pflegt, die mit „Veränderungen“ überhaupt nicht klar kommt. Besonders nicht, wenn China sie nicht bewusst einführt.
Hayali ging auch nicht darauf ein, die Demonstranten als „Radikale und Gewalttätige“ zu bezeichnen. Hier war klar, dass der chinesische Botschafter auch offen auf Kritik reagieren musste. Hier kann man dem Botschafter abnehmen, dass Peking vergaß, ihm mitzuteilen, was er in Berlin dem Morgenmagazin erzählen sollte. Hayali schien aktuellere Informationen über die Proteste zu haben als der chinesische Botschafter (Die Gestikulation des Botschafters als Reaktion ist da schon etwas lustig. Frei nach dem Motto „Huch, das wusste ich noch gar nicht“).
Heute wieder große Demonstrationen
Die Protestgruppe Civil Human Rights Front (CHRF) organisierte für heute wieder einen Protestmarsch. Nach bisherigen Angaben sind mehrere 10000 Menschen an den Demonstrationen beteiligt. Die Demonstranten fordern die Einhaltung des Vertrages zwischen China und Großbritannien über die Autonomie Hongkongs. China versuchte, unter anderem durch das Auslieferungsgesetz aber auch während den letzten Wahlen zum ‚Chief Executive‘ mehr in die Sonderverwaltungszone einzugreifen und diese nach dem Vorbild Pekings im autoritären China umzugestalten.
Dabei ist die designierte Hongkonger Regierungschefin Carrie Lam nicht vom Volk Hongkongs gewählt und schuldet nur dem chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping Rechenschaft. Bereits nach ihrem Amtseid 2017 gab es eine große Protestbewegung in Hongkong. Die Protestler erwarten, dass es wohl nicht mehr zu freien Wahlen des Hongkonger Regierungschefs kommen wird.
Viele Protestler kennen die Zeit der britischen Kolonialzone und wissen auch um die eminente Wichtigkeit, die demokratischen Maßstäbe, die Großbritannien hinterließ, aufrecht zu erhalten.
Proteste sollen friedlich verlaufen
Die Demonstranten wollen sich nicht als „Terroristen“ titulieren lassen und wollen mit aller Kraft friedlich demonstrieren. Jedoch makeln viele Demonstranten an, dass sich Peking-treue Unruhestifter bereits in den letzten Wochen unter den Demonstranten aufhielten und, direkt vor Kameras des chinesischen Staatsfernsehens, Polizisten angriffen.
„Wir erwarten eine große Zahl von Teilnehmern. Wir hoffen, dass wir der Welt zeigen können, dass die Menschen in Hongkong völlig friedlich sein können“, so CHRF-Sprecherin Bonnie Leung.
Gestern liefen bereits knapp eine halbe Million Menschen, demonstrierend, durch Hongkongs Straßen, um für die Rechte von Lehrern in Hongkong zu demonstrieren. Auch diese dürfen in Hongkong noch frei, ohne Einfluss von Seiten der chinesischen Staatsdoktrin unterrichten. Auch sie sehen diese Freiheit gefährdet.