Unverständnis!

9965 Artikel

Unverständnis!

21. September 2019 Allgemein 0

Das Wort geht uns seit Tagen durch den Kopf. Es geht um Renate Künast und das Urteil des Berliner Landgerichts, Schimpfworte wie “dreckige grüne Schlampe” und “Stück Scheiße” als freie Meinungsäußerung zu werten.

Es war 1986 im Berliner Landtag. Ein CDU Abgeordneter äußerte Kritik am Entwurf der Grünen, sexuelle Handlungen an Kindern nicht mehr unter Strafe zu stellen. Frau Künast zitierte den Entwurf, den sie selbst gar nicht verfasst hat: “…wenn keine Gewalt im Spiel ist.”

2015 griff Sven Liebich dieses Thema wieder auf.

Wer ist Sven Liebich?

Sven Liebich gehört zur “Identitären Bewegung”. Dies ist eine Bewegung, deren Forderungen scharf in Richtung NSDAP gehen, deren Handlungen sich jedoch auf Internet-Content und Demonstrationen beschränkt. Liebich war der Teil der Internet-Plattform “Halle-Leaks”.

“Halle-Leaks” ist eine Hetz-Seite der “schmutzigen Methoden”. Hier wird verfälscht und gelogen, dass sich die Balken biegen. Auch hat “Halle-Leaks” 2015 die Geschichte verbreitet, Einwanderer hätten in Deutschland eine Ziege gestohlen, geschlachtet und zubereitet.

Liebich hat sich als 2017 in einem “Halle-Leaks” Video selber als radikaler Imam ausgegeben, während er sich unter einer dunklen Kutte verbarg.

Seine Art der “Berichterstattung” soll offen provozieren statt informieren. Er nutzt dabei echte Nachrichten, die er mit erfunden Zusatzinformationen verstärkt, während er andere Informationen im selben Kontext auslässt. Seine “Fake-News” erreichen dabei bis zu 3000 Nutzer pro Facebook Beitrag.

Die Zielgruppe der Nachrichten sind Menschen, die sich oft nur aus einem Bild oder einer Überschrift “informieren”.

Das Bild über Frau Künast

Liebich hat die Suggestion erzeugt, Frau Künast hätte gesagt, dass Sex mit Kindern OK sei, wenn keine Gewalt im Spiel ist. Wie schon oben erwähnt, zitierte Frau Künast nur einen Gesetzentwurf zu ende, den sie selber gar nicht erarbeitet hatte.

Darunter fanden sich jede Beleidigungen und Drohungen. Künast sammelte sie als Screenshots und präsentierte sie. Vor Gericht jedoch, als Sie die Informationen der Nutzer herausgegeben haben wollte, wurde ihr folgendes Urteil beschert: „Der Kommentar ,Drecks Fotze‘ bewegt sich haarscharf an der Grenze des von der Antragsstellerin noch Hinnehmbaren“ (Az: 27 AR 17/19)

Richter sind wohl hart im Nehmen

Nein, sind sie nicht. Richter selbst schalten traditionell sehr schnell die Staatsanwaltschaft ein, wenn sie sich in einer Aussage angegriffen fühlen. Auf der anderen Seite Deutschlands beantragte ein Richter ein Ermittlungsverfahren gegen ein Unfallopfer, welches unter Erinnerungslücken bezüglich eines Unfalls litt und die unkorrekte Fahrbahnseite als Unfallort angab. In diesem Fall musste der Polizei und der Staatsanwaltschaft Osnabrück praktisch der gesamte Lebenslauf des Aussagenden offenbart werden. Zudem steht diesem Mann noch ein Strafverfahren wegen “falsche Aussage” im Raum.

Das sind zwei unterschiedliche Richter

Richter unterstehen in Deutschland primär einer grundlegenden Justiz mit einzelnen Unterschieden in den Bundesländern. Richter in Deutschland müssen generell als “Judikative” funktionieren. Genauso wie Frau Künast als wichtiger Teil der “Legislative” funktionieren muss.

Politiker dürfen generell nicht so angriffen werden

Schaut man sich “Halle-Leaks” an, so gehen “Angriffe” mit Fake-News gegen Heiko Maas, Ralf Stegner oder gar Angela Merkel problemlos ohne rechtliche Schritte. Wohl jeder der drei wird in Kommentaren als “Verräter” oder “Drecksau”. Frau Merkel bekommt dabei ein Meme ihrer bekannten “Raute”, gephotoshopped als “blutverschmiert”.

Gegen den Kommunalpolitiker Gerhard Lemm wird auf Liebig’s Seite geschrieben “Gegen Demokraten helfen nur Soldaten”.

Gegen Schauspieler Walter Sittler, der Gelder für Flüchtlinge sammelt, fragt ein Nutzer auf Liebig’s Seite: “Wo wohnt der Vogel ? Braucht offensichtlich mal nen Hausbesuch !” und “Paar auf’s Maul gibt’s aber keene Kohle!”

Das sind alles natürlich überhaupt keine Beleidigungen oder Drohungen, sondern nur Meinungsäußerungen.

Zweierlei Maß

Im Moment sieht es so aus, als sei ein Richter in diesem Fall höherwertig als ein Politiker oder andere Personen des öffentlichen Lebens. Unter anderem weil näher an der Rechtssprechung.